Buchführung & Umsatzsteuer
Bevor wir uns mit den allgemeinen Grundlagen der Buchführung beschäftigen, zunächst einmal ein etwas genauerer Blick auf die verschiedenen Steuerarten. Im Rahmen der Buchführung werden die Besteuerungsgrundlagen ganz unterschiedlicher Steuerarten ermittelt. Im Mittelpunkt steht dabei der Gewinn. Der Gewinn (bzw. der Einnahmenüberschuss) bildet die Basis für …
- die Einkommensteuer natürlicher Personen (des Unternehmers, Freiberuflers oder Gesellschafters einer Personengesellschaft).
- die Körperschaftssteuer (das ist die Einkommensteuer juristischer Personen wie GmbHs, Aktiengesellschaften und andere Kapitalgesellschaften). Und:
- die Gewerbesteuer: Die fällt genau genommen zwar auf den Gewerbeertrag an, dessen Grundlage wiederum bildet der Gewinn laut Einkommensteuer.
Kein Wunder also, dass das Thema Buchführung landläufig mit der Gewinnermittlung gleichgesetzt wird.
Dabei wird jedoch übersehen, dass es die Finanzämter mit der Umsatzermittlung und der Umsatzsteuer meistens sehr viel genauer nehmen. Das Umsatzsteuergesetz enthält wesentlich mehr und genauere Vorschriften über Belege und Aufbewahrungsvorschriften als das Einkommen- oder Gewerbesteuergesetz! Hinzu kommt, dass bei der Umsatzsteuer viel früher Handlungsbedarf entsteht als bei der Einkommensteuer.
Während die Gewinnermittlung in aller Regel erst zu Beginn des Folgejahres auf der Tagesordnung steht, müssen die meisten Selbstständigen und Unternehmer laufend monatliche oder vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben.
Grund genug, vorweg einen Blick auf die Umsatzsteuervorschriften zu werfen. Anlass für die besondere „Wachsamkeit“ (um nicht zu sagen, das Misstrauen) des Finanzamts ist der sogenannte Vorsteuerabzug.
Umsatzsteuer? Mehrwertsteuer? Vorsteuer?
Hintergrund: Die Umsatzsteuererhebung basiert in Deutschland auf dem Mehrwertsteuer-Verfahren:
- Grundsätzlich muss bei jeder Abrechnung Umsatzsteuer (= Mehrwertsteuer) auf den Gesamtwert der Waren und Dienstleistungen aufgeschlagen werden.
- Von seinen Umsatzsteuereinnahmen darf der Rechnungsaussteller im Gegenzug die Umsatzsteueranteile abziehen, die er zuvor selbst bei seinen betrieblichen Einkäufen bezahlt hat. Die Umsatzsteuer auf die eigenen Betriebsausgaben wird dabei als „Vorsteuer“ bezeichnet.
- Die Differenz zwischen vereinnahmter Umsatzsteuer und gezahlter Vorsteuer nennt sich Umsatzsteuer-„Zahllast“.
Die Entstehung und Abrechnung der Umsatzsteuer soll am Beispiel eines Möbelkaufs illustriert werden (jeweils 19 % Umsatzsteuer):
-
Möbelhaus verkauft Tisch an Verbraucher:
Netto-Warenwert 500 Euro + 95 Euro USt. = Rechnungs-Bruttobetrag 595 Euro -
Möbelhaus kauft Tisch beim Hersteller:
Netto-Warenwert 300 Euro + 57 Euro USt. = Rechnungs-Bruttobetrag 357 Euro -
Möbelhersteller kauft Holz beim Holzhändler:
Netto-Warenwert 150 Euro + 28,50 Euro USt. = Rechnungs-Bruttobetrag 178,50 Euro -
Holzhändler kauft Möbelholz beim Forstbetrieb:
Netto-Warenwert 50 Euro + 9,50 Euro USt. = Rechnungs-Bruttobetrag 59,50 Euro
Die Umsatzsteuer-Geldflüsse stellen sich demnach wie folgt dar:
Faktisch wird die Umsatzsteuer also nur auf die Netto-„Wertschöpfung“ des jeweiligen Vorgangs erhoben:
Genau genommen ist die Wertschöpfungskette selbstverständlich länger und differenzierter: So hat zum Beispiel auch der Forstbetrieb betriebliche Aufwendungen, für die er Vorsteuer zahlt (zum Beispiel Anschaffungen von Motorsägen, Schmier- und Treibstoffen) und so weiter.
In der Praxis spielt das aber keine Rolle, weil die Umsatz- und Vorsteueranteile nicht auf das einzelne Produkt zurückverfolgt werden müssen: Vielmehr …
- addieren die Beteiligten sämtliche Umsatzeinnahmen eines Voranmeldezeitraums,
- ziehen davon die Summe aller Vorsteuerausgaben im betreffenden Zeitraum ab und
- überweisen die Differenz (= „Zahllast“) ans Finanzamt. Unterm Strich ist die Umsatzsteuer für die beteiligten Unternehmer tatsächlich ein Nullsummenspiel.
Wichtig: Ein Vorsteuer-Erstattungsanspruch besteht auch dann, wenn im betreffenden Voranmeldezeitraum weniger oder gar keine Umsatzsteuer eingenommen wurde! Anstelle einer Zahllast entsteht ein „Vorsteuerüberhang“, der vom Finanzamt erstattet werden muss.
Mit anderen Worten: Der auf Eingangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteueranteil stellt für vorsteuerabzugsberechtigte Selbstständige und Unternehmer quasi bares Geld dar. Und zwar in voller Höhe: Ungerechtfertigte oder zu hoch angesetzte Vorsteueranteile fließen zu 100% in die Unternehmenskasse des Rechnungsempfängers.
Rigide Rechnungs-Pflichtangaben
Steuerbetrüger konnten das Prinzip der Vorsteuererstattung mit hohen Rechnungen eigens gegründeter Scheinfirmen lange Zeit als Geld-Druckmaschine missbrauchen. Durch oftmals grenzüberschreitende Dreiecksgeschäfte gelang es ihnen zusätzlich, Spuren zu verwischen. Dabei machten sie sich den Umstand zunutze, dass ein anfänglicher Vorsteuerüberhang auch in seriösen Unternehmen keineswegs unüblich ist. Im Gegenteil: Aufgrund hoher Anfangsinvestitionen und erst langsam anlaufender Einnahmen zahlen viele ehrliche Start-ups zunächst mehr Vorsteuer als sie Umsatzsteuer einnehmen.
Die betrügerischen Schein- und Dreiecksgeschäfte waren auch der Grund – zumindest aber der Anlass – warum der Gesetzgeber …
- von Gründern seit einigen Jahren obligatorisch monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen verlangt,
- mit der harmlos klingenden „Umsatzsteuernachschau“ eine ganz neue Form der (unangekündigten) Steuerprüfung eingeführt hat sowie
- immer mehr und genauere Anforderungen an die Inhalte von Rechnungen stellt.
Rechnungspflichtangaben
Die vollständige Aufzählung aller Rechnungs-Pflichtbestandteile findet sich in § 14 Abs. 4 UStG. Dazu gehören insbesondere:
- Firma, Name und Anschrift des Rechnungsausstellers,
- Firma, Name und Anschrift des Rechnungsempfängers,
- die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identnummer des Rechnungsausstellers,
- das Ausstellungsdatum der Rechnung,
- die Rechnungsnummer,
- Angaben über Art und Anzahl der gelieferten Waren bzw. Art und Dauer der Dienstleistung,
- das Liefer- oder Leistungsdatum
- die nach Umsatzsteuersätzen aufgeschlüsselten Rechnungsbeträge,
- der in der Rechnung enthaltene Umsatzsteuerbetrag sowie
- Gründe für eventuelle Umsatzsteuer-Befreiungen.
Außerdem müssen Privatleute in seltenen Ausnahmefällen darauf hingewiesen werden, dass sie Rechnungen zwei Jahre lang aufbewahren müssen. Da diese Pflicht nur für Grundstücks- und Bauleistungen gilt, spielt sie für die meisten Selbstständigen und Kleingewerbetreibenden keine Rolle.
Lektüretipp: Ausführliche Informationen und Kommentare zu den einzelnen Elementen finden Sie im Kapitel „Rechnungs-Pflichtbestandteile“ unserer Partnerseite „rechnungen.de“.
Umsatzarten: Steuerbare, steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze
Nicht jeder Umsatz eines Unternehmens unterliegt der Umsatzsteuer:
- Zunächst ist zu prüfen, ob ein Geschäft überhaupt „steuerbar“ ist. Mit anderen Worten: ob bei einem Vorgang überhaupt die (deutsche) Umsatzsteuer infrage kommt. Steuerbar sind laut §1 UStG grundsätzlich (nur) inländische Lieferungen und Dienstleistungen, die ein Unternehmen gegen Bezahlung erbringt. Außerdem unterliegen Importe aus dem Ausland der (Einfuhr-)Umsatzsteuer. Lieferungen und Leistungen ins Ausland sind dagegen meistens nicht steuerbar: Es wird keine deutsche Umsatzsteuer erhoben. Für EU-Länder gelten komplizierte Sondervorschriften.
Lektüretipp: Ausführlichere Informationen finden Sie im Kapitel „Auslandsrechnungen“ unserer Partnerseite „rechnungen.de“. - Manche der an sich steuerbaren Umsätze sind gemäß § 4 UStG allerdings „steuerfrei“: Dazu gehören zum Beispiel viele Umsätze aus Vermietung und Verpachtung, Heilbehandlungen, Bank- und Versicherungsgeschäften oder auch Umsätze bestimmter Kultur-, Bildungs- und Erziehungseinrichtungen. Die meisten Exporte sind, soweit sie überhaupt steuerbar sind, ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit.
- Steuerbare Umsätze, die nicht ausdrücklich von der Umsatzsteuer befreit wurden, sind „steuerpflichtig“. Gemäß § 12 UStG unterliegen steuerpflichtige Umsätze normalerweise dem Regelsteuersatz von 19 %. Für manche Waren und Dienstleistungen gilt der ermäßigte Steuersatz von 7 % Umsatzsteuer.
- Zu allem Überfluss gibt es schließlich auch noch steuerpflichtige Umsätze, bei denen die Umsatzsteuer „nicht erhoben“ wird. Das ist bei den Umsätzen von Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG der Fall: Deren Leistungen sind zwar grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, auf ihren Ausgangsrechnungen brauchen Kleinunternehmer aus Vereinfachungsgründen aber keine Umsatzsteuer auszuweisen.
Ganz besonders interessiert sich das Finanzamt verständlicherweise für steuerpflichtige Umsätze. Bei der Rechnungstellung kommt es vor allem darauf an, wann die Lieferung oder Dienstleistung von wem an wen erbracht und ob der richtige Umsatzsteuersatz gewählt wurde.
Steuersätze
Der Regelsteuersatz für umsatzsteuerpflichtige Lieferungen und Dienstleistungen liegt laut § 12 Abs. 1 UStG bei „19 % der Bemessungsgrundlage“. In Absatz 2 der Vorschrift findet sich eine lange Liste von Ausnahmen, für die der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % gilt. Zu den dort ausdrücklich genannten Waren und Leistungen zählen unter anderem:
- Eintrittskarten für Theater, Konzerte, Museen und Zirkusvorführungen,
- Fahrkarten im ÖPNV,
- Übernachtungen in Hotels, Pensionen, Jugendherbergen und auf Campingplätzen,
- Leistungen von Zahntechnikern oder auch
- die Verwertung von Urheberrechten.
- Außerdem verweist der Gesetzestext auf eine seitenlange „Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände“, die in Anlage 2 des Umsatzsteuergesetzes zu finden ist. Begünstigt sind demnach insbesondere landwirtschaftliche Produkte, bestimmte Lebensmittel oder auch Zeitungen und Bücher:
Die in sich keineswegs stimmige Aufzählung der Umsatzsteuer-Privilegien ist immer wieder Anlass zu Kritik (und allgemeiner Erheiterung): So fällt zum Beispiel bei Apfelsaft der volle Steuersatz an, bei „Langusten, Hummer, Austern und Schnecken“ hingegen der ermäßigte Steuersatz. Zahlreiche Zweifelsfragen zur Anwendung der Steuersätze behandelt der aktuelle Umsatzsteuer-Anwendungserlass (ab Seite 381) auf 35 Seiten. Hinzu kommen zahlreiche BFH-Urteile und BMF-Schreiben zu strittigen Einzelaspekten.
Bitte beachten Sie: Falls Sie versehentlich oder aus Unkenntnis den falschen Steuersatz verwenden, haben Sie und / oder der Rechnungsempfänger schlechte Karten:
- 7 % statt 19 %: Wenn Sie zu Unrecht 7 % Umsatzsteuer in Rechnung stellen, müssen Sie trotzdem den vollen Umsatzsteuerbetrag ans Finanzamt abführen. Ihr Geschäftspartner darf dagegen nur den zu niedrig ausgewiesenen Vorsteuerbetrag geltend machen!
- 19 % statt 7 %: Generell einfach den höheren Regelsteuersatz aufzuschlagen, ist auch keine Lösung. Das gilt vor allem bei Rechnungen an Geschäftskunden: Stellt sich später heraus, dass der ermäßigte Steuersatz richtig gewesen wäre, kürzt das Finanzamt beim Rechnungsempfänger den Vorsteuerabzug. Ungeachtet dessen müssen Sie selbst Ihre zu hohe Umsatzsteuereinnahme ans Finanzamt abführen.
Wenn Sie also im Zweifel sind, welcher Steuersatz bei Ihren Lieferungen oder Leistungen richtig ist, sprechen Sie unbedingt vor der Rechnungstellung mit Ihrem Steuerberater oder fragen Sie direkt beim Finanzamt nach!
Soll-Versteuerung vs. Ist-Versteuerung
Grundsätzlich „entsteht“ die Umsatzsteuer bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferung oder Dienstleistung erbracht worden ist. Die Berechnung „nach vereinbarten Entgelten“ (sogenannte Soll-Versteuerung) ist in § 16 Abs. 1 UStG festgelegt. Mit anderen Worten: Das Finanzamt verlangt von Unternehmen die Umsatzsteuer bereits auf Leistungen, für die der Kunde noch gar nicht gezahlt hat!
Selbstständige und kleine Gewerbebetriebe würden durch das Prinzip der Sollversteuerung leicht an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht. Deshalb begnügt sich das Finanzamt gemäß § 20 UStG unter folgenden Bedingungen mit der Berechnung „nach vereinnahmten Entgelten“ (= „Ist-Versteuerung“):
- Vorjahres-Gesamtumsatz bis zu 500.000 Euro und
- keine kaufmännische Buchführungspflicht (z. B. durch Handelsregistereintrag).
Die Umsatzsteuer ist dann erst am Ende des Voranmeldezeitraums fällig, in dem der Kunde gezahlt hat. Übrigens: Freiberufler und ähnliche Selbstständige dürfen selbst dann die Ist-Versteuerung in Anspruch nehmen, wenn ihr Umsatz in die Millionen geht!
Steueranmeldungen und Steuererklärungen
Die Umsatzsteuer wird letztlich von den Endverbrauchern getragen. Selbstständige und Unternehmer müssen die Steuer „nur“ einkassieren und an den Fiskus abführen. Damit das Finanzamt zeitnah an sein Geld kommt, ist es mit einer jährlichen Umsatzsteuererklärung nicht getan. Die Höhe Ihrer Umsätze, die vereinnahmten Umsatzsteuern und die Höhe der gezahlten Vorsteuern teilen Sie dem Finanzamt in Form regelmäßiger Umsatzsteuervoranmeldungen (UStVA) mit.
In den ersten beiden Jahren sind Gewerbetreibende zu den monatlichen Zwischenabrechnungen verpflichtet. Ab dem dritten Geschäftsjahr hängt die Frequenz der Voranmeldungen von der Umsatzsteuer-Zahllast des Vorjahres ab:
- keine Voranmeldungen: Bei einer Umsatzsteuer-Zahllast von bis zu 1.000 Euro begnügt sich das Finanzamt mit einer jährlichen Umsatzsteuererklärung. In dem Fall können Sie sich Voranmeldungen ganz sparen.
- vierteljährliche Umsatzsteuervoranmeldungen: Lag die Vorjahres-Zahllast zwischen 1.000 und 7.500 Euro, sind quartalsweise Voranmeldungen vorgeschrieben. Anmeldetermine sind dann der 10. April, 10. Juli, 10. Oktober und der 10. Januar.
- monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen: Bei einer jährlichen Zahllast von mehr als 7.500 Euro bleibt es beim Monatsrhythmus. Stichtag ist in dem Fall jeweils der 10. Kalendertag des Folgemonats.
Bitte beachten Sie: Da die Zeit bis zum 10. Kalendertag des Folgemonats sehr knapp bemessen ist, können Sie beim Finanzamt eine Dauerfristverlängerung beantragen. Weil der Staat durch die Dauerfristverlängerung sein Geld einen Monat später bekommt, verlangt er im Gegenzug eine Sondervorauszahlung in Höhe von 1/11 der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen des Vorjahres. Bei Neugründung genügt eine Schätzung der Zahllast.
Zusätzlich zu den unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen verlangt der Fiskus bis zum 31. Mai des Folgejahres eine Jahres-Umsatzsteuererklärung.
Ganz gleich, ob Voranmeldung oder Steuererklärung: Ihre Umsatzsteuer-Abrechnungen müssen Sie auf elektronischem Weg und in „authentifizierter Form“ ans Finanzamt übermitteln. Dafür ist eine elektronische Signatur erforderlich. Mit dem ElsterBasis-Zertifikat stellt die Finanzverwaltung Ihnen eine kostenlose Signatur zur Verfügung.
Praxistipp: Für die Datenübermittlungen können Sie wahlweise das ElsterOnline-Webportal oder die ElsterFormular-Software nutzen. Kommerzielle Buchführungs- und Steuerprogramme verfügen ebenfalls über eine eingebaute Elster-Schnittstelle, mit der die betreffenden Datenübermittlungen möglich sind.
Und gleich noch ein Lektüretipp hinterher: Im Umsatzsteuer-Kapitel unserer Partnerseite „kleingewerbe.de“ finden Sie eine illustrierte Schritt-für-Schritt-Beschreibung der verschiedenen Elster-Datenübertragungen.
Sonderstatus: Die Kleinunternehmerregelung
Die Kleinunternehmer-Regelung erleichtert Klein(st)gewerbetreibenden mit sehr geringen Jahresumsätzen das Leben: Sie brauchen sich nicht um die Feinheiten des komplizierten Umsatzsteuerrechts zu kümmern. Wenn Sie die Kleinunternehmer-Regelung beantragen, sind Sie kein Bittsteller: Schließlich kommt die Verwaltungsvereinfachung auch den Finanzämtern zugute. Angesichts des vergleichsweise geringen Steueraufkommens ist der regelmäßige Verwaltungs- und Prüfaufwand bei Steuerpflichtigen mit geringen Umsätzen unverhältnismäßig hoch.
Anspruch auf den Kleinunternehmer-Status haben Unternehmer und Selbstständige, deren Umsatz mit umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und Leistungen …
- im Vorjahr nicht über 17.500 Euro gelegen hat und (!)
- im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro betragen wird.
Das hervorgehobene „und“ bedeutet, dass beide Bedingungen erfüllt sein müssen. Bei den genannten Grenzen handelt es sich außerdem um den Umsatz und nicht etwa um den Gewinn! Der Gewinn ist in der Regel deutlich niedriger, weil von den Einnahmen ja noch die Ausgaben abgezogen werden.
Wichtig: Die Kleinunternehmerregelung ist keine Sonderregelung für kleine Unternehmen. Sie ist vielmehr personenbezogen: Bei der Berechnung des Jahresumsatzes werden sämtliche Umsätze berücksichtigt, die ein Unternehmer erzielt: Angenommen, Sie machen als gewerblicher Ebay-Händler einen Jahresumsatz von 10.000 Euro. Außerdem sind Sie als freiberuflicher Blogger selbstständig tätig und erzielen damit weitere 8.000 Euro Einnahmen. Dann unterliegen Sie der Regelbesteuerung, obwohl die beiden Tätigkeiten für sich genommen unter der Jahresumsatzgrenze von 17.500 Euro liegen!
Für Gründer gilt: Da zu Beginn der Geschäftstätigkeit noch keine Vorjahreszahlen vorliegen, darf der Jahresumsatz für das erste Jahr geschätzt werden. Nur wenn der Jahresumsatz voraussichtlich unter 17.500 Euro liegt, dürfen Sie die Kleinunternehmer-Regelung in Anspruch nehmen. Wenn Sie nicht im Januar, sondern erst später im Jahr starten, müssen Sie Ihren Planumsatz auf ein ganzes Jahr hochrechnen. Angefangene Monate werden komplett berücksichtigt.
Angenommen, Sie starten am 15. Mai: Dann sind Sie im ersten Jahr nur in acht von zwölf Monaten (Mai bis Dezember) geschäftlich tätig. Die Kleinunternehmer-Umsatzgrenze beträgt in dem Fall nur 11.667 Euro (= 8/12 von 17.500 Euro). Wenn Sie voraussichtlich darüber liegen, sind Sie kein Kleinunternehmer mehr, sondern unterliegen der Regelbesteuerung.
Keine Steuerbefreiung!
Umsatzsteuerliche Kleinunternehmer sind genau genommen nicht von der Umsatzsteuer befreit: Die in den Verkaufspreisen enthaltene Umsatzsteuer wird bloß nicht erhoben.
- Die Unterscheidung zwischen (Netto-)Rechnungsbetrag und Umsatzsteuer können sie sich durchgängig sparen.
- So lange Sie den Kleinunternehmer-Sonderstatus in Anspruch nehmen, spielen die unterschiedlichen Umsatzsteuersätze keine Rolle.
- Die Ermittlung des Vorsteueranteils und der Zahllast entfällt.
- Umsatzsteuervoranmeldungen und Zahllastüberweisungen sind nicht erforderlich.
- Die einzig verbliebene Umsatzsteuer-Pflicht ist die jährliche Umsatzsteuererklärung: Dabei genügt es normalerweise aber, die steuerpflichtigen Jahresumsätze der letzten beiden Jahre einzutragen.
Komfortabler als die „Regelbesteuerung“ ist der Kleinunternehmer-Status also allemal. Die Verwaltungsvereinfachung hat aber auch ihre Schattenseiten:
- Jeder Rechnungsempfänger erkennbar auf den ersten Blick, dass es sich um ein Mini-Unternehmen handelt. Das weckt unter Umständen Zweifel an der Professionalität des Anbieters.
- Kleinunternehmer kaufen teurer ein, weil sie freiwillig auf den Vorsteuerabzug verzichten: Das macht sich vor allem bei hohen Anfangsinvestitionen bemerkbar.
- Preisvorteile durch den Wegfall der Umsatzsteuer ergeben sich nur im Privatkundengeschäft: Für Geschäftskunden ist der Umsatzsteuer ein durchlaufender Posten.
Angesichts der Nachteile kann niemand Sie zwingen, den Kleinunternehmerstatus in Anspruch zu nehmen. Wenn Sie freiwillig darauf verzichten, sind Sie jedoch fünf Jahre lang an diese Entscheidung gebunden. Auf diese Weise versucht der Gesetzgeber, unerwünschte Mitnahmeeffekte zu unterbinden.
Lektüretipp: Ob, und unter welchen Umständen sich die Kleinunternehmerregelung lohnt, was dabei zu beachten ist und wie der Wechsel zur Regelbesteuerung (und wieder zurück) funktioniert, erfahren Sie auf unserer Partnerseite „kleinunternehmer.de“
Nach dem Umsatzsteuer-Ausflug nun aber wieder zurück zu den eigentlichen Buchführungs-Pflichten.
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